Ich bin seine Freundin

Leider habe ich von der Krebstherapie starke Nebenwirkungen entwickelt, weshalb ich in der letzten Woche mehrere male im Krankenhaus war, um Blut entnehmen zu lassen, eine Sonografie zu machen und ein MRT. Generell fühle ich mich nicht fit und habe vor allem starke Kopfschmerzen. Das ist sehr anstrengend und überlagert gerade alles in meinem Leben.

Letztes Wochenende haben wir weiter im Haus renoviert und die ersten Möbel in die Zimmer getragen und aufgebaut. Ende nächster Woche werden wir dann ganz einziehen, die letzten Möbel aufbauen, und anfangen, Kisten auszupacken. Ich freue mich riesig darauf.

Eine interessante Entwicklung ist, dass das übrige Zimmer, für welches wir im Sommer eine*n Mitbewohner*in suchen wollten, jetzt schon vergeben ist – und zwar an meinen Exfreund V.

Er wohnt in Frankfurt und hat ab April einen neuen Job in bei uns in der Stadt. Zu Beginn meinte er, dass er wahrscheinlich an 2 Tagen in der Woche im Büro sein müsste und sich dann eben für die Nacht ein Hotel nehmen würde. Ich bot ihm daher an, dass er gerne jederzeit in unserem Gästezimmer übernachten dürfe.

Später stellte sich dann heraus, dass ich komplette 5 Tage die Woche im Büro sein müsste während der Einarbeitungsphase. Er wusste, dass wir mittelfristig noch eine*n Mitbewohner*in suchen würden, und fragte mich daher, ob er das freie Zimmer für die ersten 2-3 Monate seiner neuen Beschäftigung mieten dürfe, bis er entschieden hat, ob er den Wohnsitz wechseln möchte oder nicht.

Ich fragte G. nach seiner Meinung und der meinte sofort, dass es für ihn in Ordnung ist, wenn V. bei uns einzieht. Es fühlt sich für uns ein bisschen an wie eine nette Geste für einen Freund. V. und ich haben uns 2015 getrennt und das hatte gute Gründe. Da wir aber einen gemeinsamen Freundeskreis aus Studienzeiten haben, sind wir uns über die Jahre immer wieder über den Weg gelaufen und haben uns angefreundet. Heute haben wir ein ganz gutes Verhältnis.

2022 hatte ich zudem nach einer wilden Partynacht auf dem 30. Geburtstag einer Freundin von mir auch Sex mit ihm – und es war richtig gut. Deswegen gab es danach noch ein paar weitere Treffen und auch noch ein paar weitere male Sex.

Charakterlich ist V. für mich nicht interessant. Eine Beziehung kann ich mir mit ihm nicht vorstellen. Aber ich finde ihn sexuell interessant und anziehend und das hat sich über die vielen Jahre auch nicht verändert.

Ich fragte auch L., ob der Einzug von V. für ihn in Ordnung wäre, bevor ich V. zusagte. Auch L. hatte nichts dagegen. Witzig war aber, dass er sofort annahm, dass ich mit V. auch Sex haben würde. Tatsächlich hatte ich mir darüber gar keine Gedanken gemacht und glaube, dass es vielleicht besser wäre, während der Zeit des Zusammenlebens die Finger voneinander zu lassen, um nichts zu verkomplizieren. V. ist teilweise sehr konservativ und ich glaube, dass er nicht so gut damit klar käme, wenn wir ein sexuelles Verhältnis hätten. Aber schauen wir einfach mal, was passiert. Ich traue es uns schon zu, dass wir an einem Abend mit ein paar Gläschen Wein doch auch miteinander im Bett landen könnten. Mit G. habe ich darüber noch gar nicht geredet, was ich aber noch nachholen werde.

Auf jeden Fall habe ich dann ab April die Situation, dass ich mit meinem Mann und meinem Exfreund unter einem Dach wohne – und mein Freund regelmäßig zu Besuch kommt. Das klingt wie die Beschreibung einer verrückten romantischen Komödie, ehrlich gesagt. Sicher ist, dass ich genügend Stoff für diesen Blog haben werde.

Letztes Wochenende hatte ich mit G. und L. ein paar schöne Dates. Samstagabend besuchte ich mit G. ein Konzert von Dekker, der richtig schönen Indie-Folk macht. Ich hatte uns Tickets besorgt und G. kümmerte sich an dem Abend um die Getränke von der Bar. Die Musik war toll und ich fand es schön, mit G. mal wieder auf ein Konzert zu gehen. Das machen wir nämlich beide echt gerne.

Am Tag danach nahmen wir zusammen an einem Seminar teil zum Thema Wirtschaftssystemwandel. G. und ich sind beides gelernte Ökonom*innen. Ich mag es, wenn wir uns zu Wirtschaftsthemen unterhalten und hier ein bisschen miteinander „abnerden“.

Nach dem Seminar trafen wir L. am Bahnhof und fuhren alle gemeinsam zu uns nach Hause. L. und ich stellten uns in die Küche und kochten gemeinsam das Abendessen. Wir aßen zu dritt und dann gingen L. und ich in mein Zimmer und unterhielten uns lange.

In der Woche davor hatte L. unheimlich viel in der Uni zu tun gehabt und wir hatten ziemlich wenig Kontakt miteinander. Wir fühlten uns daher beide ein wenig distanziert und brauchten Zeit, um wieder Nähe aufzubauen.

Wir kuschelten uns in mein Bett und unterhielten uns einfach lange miteinander. Es war ein sehr schönes Gespräch, denn ich sagte ihm, dass ich das Bedürfnis danach habe, mit ihm unsere Beziehung zu klären. Das müsste nicht sofort sein, aber dadurch, dass sich alles bei uns immer mehr Richtung feste Beziehung entwickelt, möchte ich ganz gerne darüber reden, was da unsere Erwartungen aneinander sind, wie wir kommunizieren wollen, und was das Wort Beziehung eigentlich für uns bedeutet.

Was ich ihn aber direkt fragte, war: „Was bin ich für dich?“ Er meinte, dass er mich erst vor wenigen Tagen zum ersten mal einem Kollegen gegenüber als meine Freundin bezeichnet hätte. Aber dass natürlich die Beziehung mit mir eine ganz andere ist als mit seiner Freundin A. Und dass ihm da noch ein Wort fehlt. Eine richtig gute Antwort hatte er in dem Moment noch nicht.

Trotzdem war es ein sehr schöner, ruhiger Abend. Wir hatten zum ersten mal in diesem Jahr kein Sex miteinander, obwohl wir in meinem Bett miteinander lagen. Aber es passt zur Stimmung an dem Abend, dass wir die Zeit miteinander kuschelnd und redend genossen.

Am Mittwoch hatte ich dann ein erstes Date mit einer Frau, die mich auf okcupid angeschrieben hatte. Wir trafen uns in meiner Lieblingskneipe. Ich fand sie sehr interessant und wir unterhielten uns gut. Ich fand es sehr einfach, mit ihr ins Gespräch zu kommen und fand ihr Interesse an mir sehr schön.

Gleichzeitig fand ich sie sexuell eher wenig anziehend. Und musste daher während des Abends und auch in den Tagen danach immer wieder an Ls. denken. Irgendwie kann ich mit Ls. nicht so richtig gut abschließen und vermisse die Beziehung zu ihr doch immer mal wieder. Ls. fand ich einfach toll. Ich mochte ihre Art, zu kommunizieren, ihre Empathie, ihren Witz, und ich fand sie wahnsinnig anziehend und sexy. Insgesamt bin ich daher immer noch traurig darüber, dass wegen ihrer Schwangerschaft bzw. Babys unsere Beziehung zu einem Ende gekommen ist.

Die Chance, dass wir irgendwann wieder zueinander finden, wenn man das Baby auch mal beim Papa lassen kann, besteht natürlich. Aber das hängt halt davon ab, ob Ls. sich darum kümmert und ob ihr das genauso wichtig ist wie mir. Wahrscheinlich sollte ich diese Gedanken mit ihr teilen und ihr transparent machen, dass ich sie vermisse und was ich mir von ihr wünsche. Mir fehlt nur noch der Mut dazu.

Gestern hatte ich dann erneut ein Date mit L. Wir trafen uns nachmittags zum Bouldern – zum ersten mal. Er bouldert regelmäßig, eigentlich jede Woche. Ich seit einigen Jahren nicht mehr, aber hatte vor ein paar Jahren auch mal eine sehr intensive Boulder-Phase.

Tatsächlich machte es richtig Spaß, mit ihm in der Boulderhalle zu sein. Wir probierten uns an den verschiedensten Routen, ich gab ihm viele Tipps bei seinen, und zwischendurch saßen oder lagen wir miteinander auf der Matte und quatschen miteinander oder knutschten rum.

Am Ende dehnten wir uns noch und als L. vor mit auf der Matte lag, krabbelte ich über ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Sodass wir beide horny wurden und für einen kurzen Moment vergaßen, wo wir waren. Das war ein schöner Moment.

Dann fuhren wir heim, duschten, während G. in der Küche etwas zu Abend kochte, und aßen zusammen mit G. Wir machten eine Flasche Rosé auf und unterhielten uns zu dritt echt gut – über die komischsten Themen. Ich find’s echt schön, dass die zwei sich so gut verstehen und das immer so entspannt ist, wenn wir Zeit zu dritt verbringen.

Danach gingen L. und ich in mein Zimmer. Wir machten unsere Dating-Playlist an und kuschelten miteinander. Der Sex ergab sich dann von ganz alleine.

Auf unserer Playlist ist unter anderem auch der Song Kaleidoscope Colours von Jan Blomqvist: https://open.spotify.com/intl-de/track/2XRU6Hj9QKcTpaY2MlkSeh?si=b3e3d656acde47e4 Als der lief, fragte mich L: „Darf ich mich auf dich legen?“ Ich hatte mir genau dasselbe gewünscht. Als er da auf mir Lag, Haut an Haut, wir uns in die Augen sahen, uns küssten, fühlte ich mich wieder wahnsinnig verliebt in L. Ich war kurz davor, ihm „Ich liebe dich“ zu sagen, aber traute mich nicht.

Nach dem Sex unterhielten wir uns beim Kuscheln noch lange miteinander. Er fragte mich: „Haben sich deine Gefühle für mich in den letzten Wochen nochmal vertieft?“ Ich antwortete, dass ich mich gleichbleibend verliebt fühle, aber die ganze Krankheitsgeschichte und die Nebenwirkungen und die vielen Krankenhaustermine alles gerade für mich überlagern und das einfach gerade sehr präsent ist.

Ich fragte ihn, wie es denn für ihn ist und er antwortete, dass seine Gefühle für mich nochmal stärker geworden sind und es sich mit mir immer vertrauter anfühlt. Dass ich viel Raum in seinen Gedanken einnehme, er oft an mich denken muss, ich ihm nochmal wichtiger geworden bin, und er mich zwischen unsere Treffen regelmäßig vermisst.

Ich fragte ihn daher nochmal: „Was bin ich für dich, L.? Eine Affaire, eine Liebhaberin, eine Freundin?“ L. stotterte dann ganz schön rum, von wegen schon eine Freundin, aber ja nicht so wie A. und er wüsste halt nicht, wie er mich anderen gegenüber nennen soll, damit klar ist, was für Beziehungen er genau führt, und ihm würde da ein Wort fehlen, dass das ganz klar macht. Und irgendwie fühlte sich das für mich nicht gut an. Das sagte ich ihm dann auch. Ich erklärte, dass mir nicht so wichtig ist, wie genau er das anderen gegenüber nennt. Sondern dass ich wissen möchte, was ich für ihn bin und ihm bedeute und ob wir da gleich fühlen und denken.

Plötzlich wurde er ganz klar und sprach von Herzen: „Du bist meine Freundin und es gibt mir ein ganz wohliges Gefühl, seitdem ich das zum ersten mal ausgesprochen habe. Und das Wort Freundin passt am besten, denn die Gefühle sind da, die Verbindlichkeit ist da, und du bist ein wichtiger Teil meines Lebens, um den ich mich kümmern möchte. Ich hab dich echt gern, C.“ Da wurde mir ganz warm ums Herz und ich fühlte mich geliebt und erleichtert.

Es kostet manchmal Mut, die wichtigen Fragen zu stellen. Aber es lohnt sich immer.

Danach putzten wir uns die Zähne, kuschelten uns eng umschlungen ins Bett und schliefen schnell ein. Ich, C., die nie neben anderen Menschen schlafen konnte, kuschelte mich nachts immer wieder an L. heran, um schnell wieder einzuschlafen. Ich kenne das so nicht von mir, aber finde es so schön, dass ich mit L. so gut schlafen kann. Ich genieße es total, wenn er da ist, ruhig neben mir liegt, im Schlaf seinen Arm um mich legt, und seine Wärme unter der Decke verbreitet.

Gerade sind G. und ich auf dem Weg in die Schweiz, um das Osterwochenende bei G.‘s Eltern zu verbringen. Es wird uns gut tun, dort ein bisschen ruhige Zeit miteinander zu verbringen. Ohne Renovierungsarbeiten, ohne viele Pläne.

L. sehe ich erst in 8 Tagen wieder, was sich ewig anfühlt. Eigentlich vermisse ich ihn jetzt schon.

Eure Clara

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Schnipsel sagt:

    Ich hoffe, dass die Nebenwirkungen nachlassen. Das raubt leider wahnsinnig viel Lebensqualität. 😦

    Interessant, dass du Wirtschaftsnerdin bist. Hätte ich so gar nicht gedacht (frag mich nicht, warum). Aber ich bekenne: Ich bin auch eine. ;D

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    1. Huhu, mir geht es wieder etwas besser zum Glück.

      Haha nice! Dann haben wir was gemeinsam 😊

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